Biographie
Theobald Kerner
1817 am 14. Juni in Gaildorf geboren. Sein Vater, der bekannte Dichter
Justinus Kerner, war dort Oberamtsarzt
1819 die Familie Kerner zieht nach Weinsberg um und baut ein Haus am
Fuße der Weibertreu
1835 Medizinstudium in Tübingen
1841 medizinisches Staatsexamen in Tübingen; anschließend
Assistenzarzt bei seinem Vater
1842 Studienreise nach München und Wien. Ausführlicher Bericht
für das Medizinalkollegium in Stuttgart mit Anregungen für
die Verbesserung der ärztlichen Versorgung der Kinder in
Württemberg
1843 vorübergehend Amtsverweser der Unteramtsarztstelle in
Löwenstein
1844 Heirat mit Baronin Marie von Hügel geb. von Üxküll-Gyllenband.
Das Paar wird von Pfarrer Eduard Mörike in der ev. Kirche zu
Mergentheim getraut
1845 Veröffentlichung der ersten Gedichte
1848 Kommandant der Weinsberger Bürgerwehr. Sommer: Begegnung mit
Hecker. September: Reden auf Volksversammlungen in Weinsberg und
Heilbronn. Flucht nach Straßburg
1849 April: Er stellt sich auf Drängen seines Vaters den Behörden; Justinus
Kerner stellt eine Kaution von 1 000 Gulden
1850 Kerner wird zu 10 Monaten Festungshaft verurteilt. 1. November:
Strafantritt auf dem Hohenasperg; mehrfacher Hafturlaub, damit
er sich um seine kranke Frau und sein krankes Kind kümmern
kann. Theobald schreibt „Prinzessin Klatschrose"
1851 Justinus Kerner erwirbt bei König Wilhelm die Begnadigung
seines Sohnes. 28. April: Entlassung aus der Haft
1852 Galvanisch-magnetische Heilanstalt in Stuttgart gegründet
1856 Heilanstalt wird nach Cannstatt verlegt
1857 Theobald Kerner wird Hofrat und Leibarzt König Wilhelms l.
1862 nach dem Tode von Justinus Kerner Rückkehr nach Weinsberg
1865 mit Spendengeldern läßt Theobald das Kernerdenkmal vor dem
Kernerhaus errichten
1868 Heirat mit Mathilde Hochstätter („Goldelse") aus Darmstadt. Theobald
übernimmt den Vorsitz beim Weinsberger Frauenverein. Mit
Steinernem Album und Königsmauer wird die Weibertreu für den
Fremdenverkehr attraktiver gemacht. Der Frauen-Verein zu Weinsberg
bringt die Werbeschrift „Geschichte der Burg zur Weibertreu" heraus
1886 Erstausgabe der Schrift „Ein steinernes Album. Namen und Inschriften
auf der Burg Weibertreu"
1897 Theobald Kerner wird Ehrenbürger der Stadt Weinsberg 1907
1907 11. August: Theobald Kerner stirbt in Weinsberg
Zu Theobald Kerner
In zahlreichen Veranstaltungen gedachte der Justinus-Kerner-Verein 2007 "Theobald Kerners, dem „Hüter“ und „Bewahrer" des Kernerschen Hauses. Ihm war das seltene Glück beschieden, schon von frühester Jugend an die bedeutendsten Dichter und Denker von Anfang und Mitte des 19. Jahrhunderts persönlich kennen gelernt zu haben, die von 1822-I862 in seinem väterlichen Hause am Fuße der Weibertreu verkehrten. Die Bedeutung des Hauses als geistiges Zentrum jener Zeit, als Begegnungsstätte, als Treffpunkt von Menschen unterschiedlicher Herkunft war ihm bewußt. Deshalb war es sein Anliegen, das Haus nach seinem Ableben in sicheren und guten Händen zu wissen und das Andenken an Justinus Kerner zu bewahren. Vieles was der Vater begonnen hatte, vollendete der Sohn. Seine Verdienste gehen weit übet den „Hüter" und „Bewahrer" des Kernerschen Hauses hinaus. Theobald Kerner wurde am 14. Juni 1817 in Gaildorf geboren. Sein \/ater war dort Oberamtsarzt, bevor er in gleicher Eigenschaft im Jahre 1819 nach Weinsberg kommt. Hier wächst Theobald mit zwei Schwestern, Marie und Emma, auf. Wie der Vater studiert auch der Sohn Medizin und beginnt recht früh zu dichten. 1835 geht er nach Tübingen, setzt dann sein Studium an großen Kliniken in München, Wien und Würzburg fort. Bereits 1845 veröffentlicht er seinen ersten Gedichtband. Seine poetischen und prosaischen „Dichtungen" erscheinen gesammelt erst 1879.
Die bürgerlich-demokratische Revolution von 1848 zieht den liberal gesinnten Theobald in ihren Bann. Er nimmt lebhaften Anteil - zum Leidwesen seines Vaters - an der revolutionären Bewegung und wird als aktiver 48er zu neun Monaten Festungshaft verurteilt, die er auf dem Hohenasperg absitzt. Dieser unfreiwilligen „Mußezeit“ verdanken wir eines der ersten und schönsten Blumenbilderbücher für Kinder „Prinzessin Klatschrose". Auch als Theaterdichter hat er sich versucht. Das Theaterstück „Der neue Ahasver" schickt Theobald an den Wiener Intendanten und Lenau-Biografen Adam Müller-Guttenbrunn. Die erhoffte Anerkennung bleibt aber aus.
Erfolgreicher ist Theobald Kerner auf dem Gebiete der Medizin, ln Stuttgart (Bad Cannstatt) gründet er eine viel besuchte galvanisch- magnetische Heilanstalt. Seine Schrift „Galvanismus und Magnetismus als Heilkraft" erfährt vier Auflagen und ist ein Versuch, Theorien seines Vaters praktisch anzuwenden.
Nach dem Tod von Justinus Kerner verlegte er 1862 seine Praxis nach Weinsberg, betreute das elterliche Haus im Sinne seines Vaters. „Theobald war weitaus mehr als nur der Hüter und Bewahrer, er war Vollender dessen, was sein Vater mit der Rettung der Burgruine begonnen hatte“, sagt Göbbel. Die Ruine der breiten Öffentlichkeit als Aussichtspunkt zugänglich zu machen.
Justinus Kerner hatte nämlich seinen Sohn gebeten: „.... die Fremden, die es besuchen, sollst du in meinem Namen empfangen, und sie sollen sich heimisch darin fühlen, und du sollst ihnen von mir erzählen und sollst Haus und Garten und jeden Baum, den ich gepflanzt, ehren und lieb haben“. Über drei Jahrzehnte, bis zu seinem Tod am 11. August 1907, ist Theobald dem väterlichen Wunsche nachgekommen, als treuer und gewissenhafter „Hüter" und „Bewahrer" nicht nur des Kernerschen Hauses sondern auch der Burgruine Weibertreu, des gesamten Kernerschen Anwesens mit Geisterturm, Alexanderhäuschen und Kernerdenkmal und der Pflege des von seinem Vater gegründeten Weinsberger Frauenvereins. Theobald war weit aus mehr als nur „Hüter" und „Bewahrer", er war „Vollender" dessen, was sein Vater mit der Rettung der Burgruine als sichtbarstem Wahrzeichen der Stadt begonnen hatte: die Ruine der breiten Öffentlichkeit als Aussichtspunkt zugänglich zu machen. Mit der Idee, die Namen von Freunden und Gästen seines Vaters, Besucher der Weibertreu, in Stein meißeln zu lassen, entstand das Steinerne Album im Dicken Turm sowie die Königsmauer. Mit dieser Idee hat Theobald eine Kultstätte geschaffen, die die gesamte geistige Bandbreite der Romantik abdeckt; die Geschichte und Literatur, Geschichte und Kunst im weitesten Sinne und Natur und Mensch auf einzigartige Weise verbindet und dem Besucher das Eintauchen in die geistige Welt des 19. Jahrhundert ermöglicht und ihn die Großartigkeit, die Erhabenheit von Natur und Landschaft erleben läßt. Damit hat Theobald Kerner die Grundlagen für den Weinsberger Fremdenverkehr gelegt.
Es war nicht allein die Burgruine, um die sich Theobald bemühte und für die er eine so geniale Lösung gefunden hatte. Es war vor allem das elterliche Haus, das ihm Sorgen bereitete. Was sollte mit dem Kernerhaus nach seinem Ableben geschehen. Der Sohn Georg in Wehr i. Baden zeigte wenig Interesse am Haus. Die Tochter Justina weilte in Brasilien. Es kamen somit nur Fremde in Frage. Theobald war auch klar, dass das Haus an Anziehungskraft verlor. Man mußte es stärker ins Bewußtsein der Öffentlichkeit zurückholen, auf die kulturhistorische Stätte aufmerksam machen, auf die Bedeutung, die Ausstrahlung und die besondere Rolle des Hauses im geistigen Leben Württembergs und der Stadt Weinsberg hinweisen. Der hochbetagte Theobald besinnt sich auf seine Erzählkunst und veröffentlicht 1894 „Das Kernerhaus und seine Gäste", bis heute ein viel gelesenes Buch: spannend, informativ und unterhaltsam. Das Buch ist weit mehr als eine Sammlung spannender Geschichten. Es ist Kommentar und Ergänzung zum Steinernen Album und zu „Justinus Kerners Briefwechsel mit seinen Freunden“, eine Auswahl von 860 Briefen von 155 Persönlichkeiten, eine Auswahl aus über 3000 Briefen von und an Justinus Kerner. Beide Veröffentlichungen erscheinen in den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts und sollten auf die Bedeutung des Kernerhauses als Kulturstätte und der Burgruine als geschichtsträchtigen Ort aufmerksam machen. Sie bewirkten auch den Beginn des Nachdenkens über die Zeit nach Theobald. Die Idee einen Verein zu gründen und das Haus zu übernehmen, ist somit auch die Folge von Theobalds Bemühungen, das Haus in sichere Hände zu geben, in die Hände eines Vereins, der das Haus im Sinne Justinus und Theobald Kerners führen und betreuen sollte. Dass der Justinus-Kerner-Verein diese Aufgabe nun seit über 100 Jahren wahrnehmen darf, hat er vor allem Theobald Kerner zu verdanken.
Hans Göbbel