Justinus Kerner
Biographie des Arztes, Dichters und Denkers
Justinus Andreas Christian Kerner, so sein voller Name, wurde am 18. September 1786 als jüngstes von sechs Geschwistern in der Residenzstadt Ludwigsburg geboren. Sein Vater, Christoph Ludwig Kerner ( 1743-1799 ) war dort Oberamtmann mit dem Titel eines Regierungsrats. Seine Kindheit verbringt Justinus in Ludwigsburg und Maulbronn, wohin der Vater 1795 versetzt worden war.
Von der mittelalterlichen Klosteranlage und der umgebenden Natur ist Kerner tief beeindruckt. Diese glückliche Zeit dauert nur kurz, da der Vater bereits 1799 stirbt und die Mutter mit den zwei jüngsten Kindern nach Ludwigsburg zurückkehrt. Die finanziellen Verhältnisse erlaubten es nicht , Kerner eine gediegene Ausbildung zukommen zu lassen. Daher der Vorschlag von Freunden, Justinus zum Kaufmann ausbilden zu lassen. Dank dem Freund seines Vaters, dem Theologen und späteren Professor für klassische Philologie an der Universität Tübingen, Carl Philipp Conz, kann Kerner ab 1804 in Tübingen Medizin studieren. Die Tübinger Zeit ist für Kerner von besonderer Bedeutung. Hier trifft er auf einen Kreis junger Studenten, die sich für die literarische Strömung der Romantik interessieren:
Ludwig Uhland, Gustav Schwab, Karl Mayer, Heinrich Köstlin. Er betreut im Auftrag von Professor Johann Heinrich Ferdinand von Autenrieth den bereits geisteskranken Dichter Friedrich Hölderlin und lernt seine spätere Frau, Friederike Ehmann, Pfarrerstochter aus Ruit auf den Fildern, kennen.
Kerner promoviert mit einer Arbeit über die „Funktion der einzelnen Teile des Ohres“ und unternimmt anschließend eine ausgedehnte Bildungsreise nach Hamburg, Berlin und Wien. Seine erste Arztstelle ist Dürrmenz bei Mühlacker, anschließend Wildbad im Schwarzwald, Welzheim, Gaildorf und schließlich ab 1819 Oberamtsarzt in Weinsberg.
Ab 1820 beginnt Kerner sich intensiv mit den Nachtseiten der Natur auseinanderzusetzen. Die Behandlung der schwer kranken Friederike Hauffe genannt Seherin von Prevorst, die er in sein Haus aufnimmt und über zwei Jahre lang behandelt. In Weinsberg ist Kerner auch als Heimatforscher und Denkmalpfleger aktiv. Mit der Gründung des Weinsberger Frauenvereins 1823 rettet er die Burgruine vor dem völligen Verfall und veröffentlicht Schriften über den Bauernkrieg und die Johanneskirche. Land und Leute, Heimat und Geschichte und die „Weibertreu“ waren ihm immer ein Anliegen.
Justinus Kerner stirbt in der Nacht vom 21. auf den 22. Februar 1862 in seinem Haus am Fuße der Weibertreu in Weinsberg.
In einem Prognostikon bewertet Kerner selbstkritisch und etwas melancholisch sein Wirken als Arzt und Dichter wie folgt:
„Flüchtig leb´ ich durchs Gedicht,
Durch des Arztes Kunst nur flüchtig;
Nur wenn man von Geistern spricht,
Denkt man mein noch und schimpft tüchtig.“
Biographie
1786 18. September: Justinus Andreas Christian Kerner in Ludwigsburg
geboren als 6. Kind des Oberamtmanns Ludwig Kerner.
1795 Umzug der Familie nach Maulbronn.
Schulbesuch an verschiedenen Orten.
1799 Tod des Vaters, Rückkehr der Familie nach Ludwigsburg.
Besuch der Lateinschule.
1800 Konfirmation durch Carl Philipp Conz.
Heilung von einem nervösen Magenleiden durch Dr. Eberhard Gmelin in
Heilbronn.
1800 Lehrling in verschiedenen Berufen.
1804 Herbst-1808/09 Wintersemester: Medizinstudium in Tübingen als Stipendiat
im »Neuen Bau« (auf Vermittlung von Conz).
Umgang mit Uhland und anderen Freunden.
1807 26. April: Bekanntschaft mit Friederike Ehmann.
1808 20. Dezember: Dr. med. mit einer lateinischen Dissertation über das Gehör.
1809 April: Bildungsreise zu seinem Bruder Georg nach Hamburg
Weiterreise bis Wien. Eindrücke für die Reiseschatten.
1810 Mai: Rückkehr nach Württemberg.
1810 Oktober: Arzt in Dürrmenz bei Mühlacker.
1811 Januar: Praktischer Arzt und Badearzt in Wildbad.
"Reiseschatten von dem Schattenspieler Luchs" bei Braun in Heidelberg.
1812 Januar: Unteramtsarzt in Welzheim (Schwäb. Wald).
Tod des Bruders Georg.
Poetischer Almanach für das Jahr 1812 bei Braun in Heidelberg.
"Das Wildbad im Königreich Württemberg, nebst Nachrichten über die benachbarten
Heilquellen Liebenzell und Teinach und das Kloster Hirsau" bei Heerbrandt in Tübingen.
1813 28. Februar: Verheiratung mit Friederike Ehmann, Trauung durch Kerners
Bruder Louis in Enzweihingen.
Erste Tochter Rosa Maria (spätere Niethammer) geboren.
"Deutscher Dichterwald" bei Heerbrandt in Tübingen.
1815 26. Juni: Oberamtsarzt in Gaildorf.
1817 Sohn Theobald geboren.
1819 Januar: Oberamtsarzt in Weinsberg.
1822 Tochter Emma (spätere Gsell) geboren.
1822 November: Einzug ins eigene Haus unterhalb der Weibertreu, die künftige Stätte
geistiger Geselligkeit.
"Das Fettgift oder Die Fettsäure und ihre Wirkungen auf den thierischen Organismus,
ein Beitrag zur Untersuchung des in verdorbenen Würsten giftig wirkenden Stoffes" bei Cotta
in Stuttgart (über die Vergiftungserscheinungen des Botulismus).
1824 "Geschichte zweyer Somnambülen. Nebst einigen andern Denkwürdigkeiten
aus dem Gebiete der magischen Heilkunde und der Psychologie"
bei Braun in Karlsruhe.
1826 Beginn der Behandlung von Friederike Hauffe, der »Seherin von Prevorst«.
"Gedichte" bei Cotta in Stuttgart/Tübingen.
1829 Tod der »Seherin«.
"Die Seherin von Prevorst. Eröffnungen über das innere Leben des Menschen
und über das Hereinragen einer Geisterwelt in die unsere",
bei Cotta in Stuttgart/Tübingen.
1834 "Die Dichtungen. Neue vollständige Sammlung in einem Bande",
bei Cotta in Stuttgart/Tübingen.
"Geschichte des Mädchens von Orlach" bei Wachendorf in Stuttgart.
1837 "Der Bärenhäuter im Salzbade. Ein Schattenspiel" bei Scheible,
Rieger & Sattler in Stuttgart.
1840 Tod des Bruders Karl
1841 "Die Dichtungen" bei Cotta in Stuttgart/Tübingen.
1849 "Das Bilderbuch aus meiner Knabenzeit. Erinnerungen aus den Jahren
1786 bis 1804" bei Vieweg in Braunschweig.
1850 Ruhestand nach zunehmendem Verlust der Sehkraft.
1854 16. April: Tod von Kerners Frau.
1859 "Winterblüthen" bei Cotta in Stuttgart (letzte Gedichtsammlung).
1862 21. Februar: Kerners Tod in Weinsberg.